Dienstag, 18. September 2012

Kulinarische Ejakulation und Bergwelten

Seit gut einem halben Jahr führt U. K. aus Biel - aka Mann von Welt - auf Vorreservation via Blog Freunden, Bekannten und Verwandten seine Kochkünste vor. Für CHF 25.- /Person gibt es dann ein 4-Gang zu einem selbstgewählten Thema. Die Runde zählt jeweils bis zu 7 Personen. Wein und weitere alkoholische Getränke bringen die Gäste selber mit. Die bisherigen Menu-Kompositionen wurden allseits mit Begeisterungsstürmen aufgenommen. Doch die (Stamm-)Gäste waren bisweilen kritisch. Damit der sonst als Wirtschaftsinformatiker in einer hoch-dynamischen Institution Tätige nicht in Hochmut verfällt und sich in einer ähnlichen Liga wähnt wie Paul Bocusse oder Albert Mosimann, wurde die Bestnote von den treuen Kunden bisher noch nicht vergeben. Doch am 15. September blaste er zum Angriff auf die Geschmacksknospen über: Unter dem Motto Attempt for A Six wollte er seine härtesten Kritiker Lügen strafen und die Bestnote einheimsen. Ein ausgedehnter 6-Gänger stand auf dem Menuplan. Selbstverständlich wollten Corinne und ich uns dies nicht entgehen. Um 19.30 ging's los. Mit einer Neuerung im Ambiente: Vom wohl bekanntesten TV-Koch der Welt, Jamie Oliver, hat er gelernt, dass nicht nur gutes Handwerk zählt, sondern auch Marketing. Nun ziert eine grossflächige Bistro-Tafel seinen Kühlschrank. Eine Menü-Präsentation mit Stil. Der Einstieg ist gelungen.

Marketing muss gelernt sein
Das Menu las sich wie ein Gedicht. Womit sich der Kreis wieder beim Marketing schliesst. Aber schon der erste Gang, die Gurken Gazpacho, schmeckte ausgezeichnet und machte Lust auf mehr. Beim Wein durfte man schliesslich nicht geizen. Wir waren gut bedacht, dass genügend Wein vorhanden war, um die jeweiligen Menus mit einem guten Schluck abzurunden. Ansonsten wäre dies Perlen vor die Säue geworfen. Meine absoluten Highlights: Die Muscheln in Weisswein-Sauce und das Rinds-Filet mit der Preiselbeer-Sauce. Und selbstverständlich die hausgemachte Tarte aux Chocolat. Der Futterneid war am Tisch omnipräsent. War man nicht achtsam genug, dann war plötzlich das Filet weg....

Terrine à Deux: Schinken- und Forellenterrine



Rindsfilet mit Preiselbeersauce und Kartoffelstock
 
Tarte aux chocolat
Der letzte Gang wurde dann doch noch beinahe ertränkt. Plötzlich waren noch eine ausgelsene Auswahl an hervorragenden Schnäpsen zugegen. Chrigu Lienhard und ich haben dann in einem Moment geistiger Umnachtung noch einige Gläser weggeputzt und dabei der Zorn der Anwesenden und des Gastgebers angezogen. Rechtzeitig wurde ich von Corinne mit einem höflichen Imperativ darauf aufmerksam gemacht, dem Meisterkoch die Knete abzudrücken, ihn in höchsten Tönen zu loben und dann den Rückweg im Zickzack-Gang anzutreten. Soviel ich mich erinnern kann, war noch gar nicht so spät. Aber man soll sich ja schliesslich auf dem Höhepunkt verabschieden. Und das milde Spätsommer-Wetter machte den Nachfolgetag vielversprechend. Anscheinend waren alle Anwesenden schon informiert über die Sonntags-Pläne. Doch in meinem angeblichen Rausch ging diese Information vollkommen an mir vorbei. Gut angekommen zu Hause fiel ich in einen 10-stündigen Tiefschlaf. Am nächsten Morgen waren die Gaumenfreuden immer noch präsent und überwältigten den an der Zunge klebenden Alkoholgeschmack. Fazit: Note 6 und für mich bester Koch der Welt!

Der Sonntag danach....

Chollereschlucht in Adelboden
Das Aufstehen war viel weniger schlimm als angenommen. Das schöne Wetter versetzte Stalldrang und führte bei Corinne und mir eine schnelle Entscheidung herbei (...oder war sie am Vorabend bereits gemacht?), dass wir einen kleinen Ausflug ins Berner Oberland machen. Die Destination war Adelboden. Der uns sonst nur im winterlichen Gewand bekannte Tourismus-Ort zeigte sich von seiner schönsten Seite und machte einmal mehr bewusst, in welch grossartiger Natur wir uns innerhalb von wenigen Autominuten bewegen können. Dabei konnten die Trekking-Schuhe gleich eingelaufen werden. Einerseits wurde der Gang zur Chollereschluch vorgenommen. Andererseits führten wir uns noch die Engstligen-Fälle vor Augen. Nun verbleiben noch rund 5 Wochen bis zum Abflug. Wir werden die Schweiz und unsere Freunde sicher vermissen. Doch wir sind froh, dass es auch endlich losgeht. Die Tage sind gezählt und die Motivation bei der Arbeit ist noch bedingt da und der Antrieb besteht hauptsächlich darin, dass es in einigen Tagen losgeht und durch das Eintauchen in neue Welten und Kulturen das Vergessen des Alltags relativ einfach gemacht ist. Ach ja. Da bleibt noch das kleine Übel der Untermietersuche. In weiteren Portalen wurde es versucht und von Bekannten zusätzliche Tipps geholt. Vielleicht klappt's doch noch. So etwas geschieht immer dann, wenn man nicht mehr richtig dran glaubt. Klopfen wir auf Holz und zählen die Tage.

Fit wie ein Steinbock!
tosende Ängstligenfälle