Donnerstag, 13. Dezember 2012

Zurück zu den Khmers und rein in die Chaosstadt

Banteay Kdei: nur einer der vielen Tempel
Banteay Kdei: nur einer der vielen Tempel
Ab in den Süden hat es uns ins dritte Land unserer Reise verschlagen: Kambodscha. Ich freute mich besonders auf das Wiedersehen, habe ich dieses arme Land und dessen offenherzige Einwohner vor rund drei Jahren in einem mehrtätgigen Schnelldurchlauf bereits erlebt. Nun freute ich mich, das Land zusammen mit Corinne erleben zu dürfen. Unsere erste Destination war Siem Reap. Mit der Stadt werden unweigerlich die Angkor Tempelanlagen des alten Khmer-Reiches in Verbindung gebracht. In einem zweitägigen Intensiv-Sightseeing mit unserem TukTuk-Fahrer Bob - in seiner vorgängigen Tätigkeit verdiente er sein Geld mit dem Erlegen von Insekten und Reptilien - besuchten wir fast sämtliche Tempel. Es war eindrücklich, was die Gott-Könige des Khmer-Reichs in der Blütezeit (800 -1200 Jhdt.) des Imperiums auf die Beine stellten und erstaunlich, wie die verschiedenen Könige immer wieder die Religion zwischen Hinduismus und Buddhismus wechselten. Amüsiert und teilweise genervt durften wir dabei auch dem Treiben der chinesischen und koreanischen Pauschaltouristen zuschauen. In grossen Cars werden sie zu den Hauptattraktionen wie Angkor Wat, Bayon oder Ta Phrom (besser bekannt als Lara Croft Tempel) chauffiert, damit sie dann wie eine Horde wildgewordener Elefanten die unter Denkmalschutz stehenden Tempel stürmen können, um sich dann in einer grenzdebilen Pose durch ihre High-Tech-Geräte ablichten zu lassen. Die Tempel wollten wir sowohl bei Sonnenuntergang und -aufgang begutachten. Beinahe an Naivität grenzend, waren wir überrascht, dass wir nicht die einzigen waren, die sich dieses Unterfangen zum Ziel gesetzt haben. So taten wir es unseren Freunden aus dem Reich der Mitte gleich und streckten unsere Ellbogen aus, damit wir die aufregenden Momente mit dem Objektiv festhalten konnten.

Tuk-Tuk Fahrer Bob musste gerade eine Schlange erlegen
Tuk-Tuk Fahrer Bob musste gerade eine Schlange erlegen
Posen können wir noch nicht so gut wie unsere chinesischen Freunde
Posen können wir noch nicht so gut wie unsere chinesischen Freunde
Sunset @ Phnom Bakheng
Sunset @ Phnom Bakheng
Während sich insbesondere das Zentrum von Siem Reap in den letzten drei Jahren mit neuen Strassen, Restaurants und Parks unglaublich entwickelt hat und sich in Look and Feel immer mehr Bangkok annähert, erfährt man auf den Gassen und im Tempelareal, dass das Leid der von einem langen Bürgerkrieg (1970 - 1998) gekennzeichneten Bevölkerung stets präsent ist: Bettelnde Kinder und Minenopfer prägen das Bild von Siem Reap, das trotz der Tempelanlagen und den vielen Touristen immer noch als ärmste Region Kambodschas gilt. Es ist nicht einfach wegzuschauen und direkte Geld- und Essenspenden an Kinder versiegen dann rasch im Nirgendwo. Wir suchten andere Wege, wie wir irgendwie beitragen kõnnen, um das Leid zu lindern. Obwohl der Advent und das in dieser Zeit heraufbeschworene Gutmenschentum an uns vorbeigeht, besuchten wir das Benefizkonzert von Dr. Beat Richner in Siem Reap. Der Schweizer Kinderarzt hat seit 1991 rund 8 Kinderspitäler errichtet und kann heute jährlich 80'000 Kinderleben retten. Die häufigste Krankheit ist Tuberkulose. 2012 hatte Kambodscha zudem eine rekordverdächtige Epidemie an Dengue-Fieber-Erkrankungen. Das Konzept der Bantha Bopha Spitäler ist einzigartig, widerspricht aber (leider) jeder gesundheitspolitischen Logik: Jede Behandlung ist gratis und diskriminierungsfrei. Im Durchschnitt kostet in den Kinderspitälern eine Behandlung 260$. Das Budget von Bantha Bopha beläuft sich jedoch nur aus einem zehn prozentigen Anteil Geldern aus Länderregierungen und internationalen Organisationen. Der Rest wird in einer Ochsentortur mit Spendengeldern aufgetrieben. Jeden Samstag Abend gibt Beat Richner persönlich ein Cello-Konzert und erzählt zwischen den Stücken von seiner Arbeit in Bantha Bopha. Der Eintritt ist frei, eine Spende wird erwartet. Das Konzert war mit rund 500 Personen gut besucht. Ein grosser Teil der Besucher kam aus der Schweiz. Nicht zuletzt dank Erwähnung im Lonely Planet war das Publikum aber sehr international.

Sunrise @ Angkor Wat
Sunrise @ Angkor Wat
Jungle Temple Ta Phrom (ohne Chinesen)
Jungle Temple Ta Phrom (ohne Chinesen)
Nach drei intensiven Tagen in Siem Reap sind wir dann weiter Richtung Battambang gezogen. In der wohl sehenswertesten Reise auf unserem Trip sind wir mit dem Boot durch enge Flussläufe - nahe dem grössten Binnenwasser-See Südostasiens (Tonlé Sap Lake) - und entlang von Floating Villages vorbeigezogen und bekamen dabei einen Augenschein, wie einfach die Menschen am Wasser leben.

Floating Village on the Tonlé Sap Lake
Floating Village on the Tonlé Sap Lake
In Battambang wurden wir - drei Stunden später als versprochen - von einer Horde um Kundschaft ringender TukTuk Fahrer erwartet. Nachdem wir uns in der grossräumigen Absteige des Hotel Chhaya einquartierten, wollten wir beim Nr. 1 Pick im Trip Advisor futtern, nachdem wir an diesem Tag ausser ein wenig Reis mit Rattenfleisch und Gemüse noch nicht sehr verwöhnt wurden. Einmal mehr haben wir am Abend vorzüglich gespiesen. Da wir die einzigen Kunden waren an diesem Abend, erzählte uns der Eigentümer Tuut viel über Kambodschas grassierendes Problem mit der Korruption und einige Räubergeschichten aus der Zeit, wo er sein Geld als Touristenführer verdiente. Gutes Geld verdient hat er vor allem mit "BumBum-Touristen" aus Europa, Australien und Nordamerika. Tuut diente den graumelierten und gutbetuchten Herren als Türöffner fürs Horizontalgeschäft und amtete entweder als Übersetzer oder in brenzligen Situationen als Schlichter zwischen BumBum-Tourist und Behörden. Da wir sowieso einen Kochkurs der Khmer-Küche besuchen wollten, meldeten wir uns dank dem guten Essen und netten Restaurantbesitzer gleich an für den nachfolgenden Tag. Erschöpft vom Tagesausflug auf einen nahegelegenen Berg (Pnomh Sampheau), dem Besuch der einzigen Weinstätte des Landes, sowie dem Ritt auf dem legendären Bamboo-Train haben wir es auf den Termin von 16 Uhr gerade knapp geschafft.


Teils noch atmende Frösche im Angebot
Teils noch atmende Frösche im Angebot
Der Kochkurs hatte es in sich. Mit einem Rundgang auf dem lokalen Markt wurden wir in die Essgewohnheiten eingeweiht. Andere Länder, andere Sitten. Alles was nicht auf drei in den Bäumen, der Luft oder im Wasser ist landet unverzüglich im Kochtopf. Neben Fröschen müssen auch Schildkröten oder Baby-Kraniche herhalten. Da unsere Mägen nicht zusätzlich strapaziert werden sollten, durften wir kambodschanische Gerichte mit uns vertrautem totem Tier zubereiten. "Khmer Kitchen is hard work!". Dies gilt insbesondere bei der Zubereitung einer Curry-Paste. Ursache für einen Tennisarm ist in Kambodscha nicht das Racket, sondern der Mörser. So schmeckt zwar eine eigens zubereitete Paste x-mal besser, doch in der Schweiz werden wir aus Bequemlichkeit den Gang in die Migros vorziehen. Die drei Gänge waren übrigens alle Klasse. Insbesondere die Fresh Spring Rolls werden zu Hause aufgrund der schnellen, einfachen und variantenreichen Zubereitung Aufnahme in unseren Menu-Plan finden.

Das Essen muss verdient sein
Das Essen muss verdient sein
Fish Amok, Khmer Curry with Chicken and Fresh Sprin Rolls
Fish Amok, Khmer Curry with Chicken and Fresh Sprin Rolls
Die erste kambodschanische Busreise Richtung Pnomh Penh stand unter dem Credo "Same Same, but different". Mit vierstūndiger Verspätung sind wir in der Hauptstadt angekommen. Pnomh Penh lärmt nicht, sondern es brummt. Unaufhaltsam. Der Verkehr ist schlicht nicht zu handhaben und an jeder Ecke schnellen neue Gebäude in die Höhe. Das Wachstum ist schwer kontrollierbar. Es scheint, dass der Ausweg aus der Armut nur über Pnomh Penh führen kann. Die Millionenstadt ist das chinesische Objekt der Begierde in Kambodscha. Infrastrukturprojekte für Strassen und Gebäude laufen hauptsächlich via chinesischen Darlehen und chinesische Billigprodukte überfluten den Markt. Die Rollen sind klar verteilt: Der Khmer-Kambodschaner fährt Tuk Tuk oder arbeitet in einem Restaurant, der Khmer-Chinese kümmert sich ums Big Business. Pnomh Penh sollte uns nur als eintägige Zwischenstation dienen, damit wir endlich wieder zu einer anständigen Digitalkamera gelangen. Nachdem Corinne's Kamera nach wenigen Tagen in Laos den Geist aufgegeben hatte, mussten wir seit einiger Zeit unsere Erinnerungen und unseren Blog (sorry for that) mit Lichtbildern einer Sony-Billigkamera futtern. Gemäss Reise-Bibel Lonely Planet Cambodia (2012) soll Pnomh Penh der Ort sein, wo man noch zu einem richtig guten Preis eine tolle Digicam kriegt. Nachdem wir einige Fachgeschäfte abgeklappert und hartnäckig verhandelt haben, konnten wir schliesslich zu einem vernünftigen Preis eine Canon erwerben. Das Ziel haben wir erreicht, doch nach Recherche fanden wir dann heraus, dass der Kaufpreis noch leicht teurer war als das beste Angebot einer Schweizer E-Commerce Plattform. Soviel zum Thema Globalisierung und Lonely Planet.

Erste Schnappschüsse mit der neuen Kamera.....
Erste Schnappschüsse mit der neuen Kamera.....
....bei den Formaten...
....bei den Formaten...
...und den Einstellungen müssen wir noch üben
...und den Einstellungen müssen wir noch üben
Nach der Ankunft in der Hauptstadt bekam Corinne im Guesthouse unerwartet hohes Fieber begleitet mit Schüttelfrost, Kopfschmerzen und Bauchkrämpfen. Die Nacht war unruhig und wir waren besorgt. Da die verschiedenen Tropenkrankheiten wie Dengue-Fieber oder japanische Enziphalitis allesamt gleiche Symptome aufweisen, suchten wir am anderen Morgen umgehend einen ausländischen Arzt auf. Mit gewohnt britischem Humor untersuchte der Arzt Corinne und machte zwecks Ausschlussverfahren einen Bluttest. Glücklicherweise war es nichts Gravierendes. Kambodscha nimmts mit der Hygiene nicht so genau. Man kann bei einem Street Hawker essen oder in einem schicken Restaurant. Kontaminierte Lebensmittel finden sich überall. "You can explain them, how to use the soap. but these idiots will never use the soap", gab uns der britische Arzt noch mit auf den Weg. Die Rechnung bezahlt dann jeweils die Magen- und Darmgegend.

Den Aufenthalt in Pnomh Penh haben wir um einen Tag verlängert. Viel zu lachen gab es am nächsten Tag nicht. Mit dem Besuch des Tuol Sleng Museum und den Killing Fields haben wir uns mit der tragischen Geschichte Kambodschas auseinandergesetzt. Während des unvorstellbar brutalen Khmer Rouge Regimes unter Pol Pot (1975-79) wurde ein Viertel der gesamten Bevölkerung durch Sklaverei, Folter und Hunger ausgelöscht. Regimekritiker, Verräter und Intellektuelle wurden im Tuol Sleng gefangen gehalten und gefoltert. Anschliessend wurden sie dann zu den 10km entfernten Killing Fields gebracht. Um Kugeln einzusparen, brachten dann Werkzeuge wie Schaufeln, Pickel oder Hammer die Endlösung. Über 200 Hinrichtungsorte waren im ganzen Land verteilt und haben innert kurzer Zeit drei Millionen den Tod gebracht. Tuol Sleng und die Killing Fields dienen heute als Gedenkstätte.

Tual Sleng: In ein Gefängnis umgewandeltes Schulhaus
Tual Sleng: In ein Gefängnis umgewandeltes Schulhaus
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Es zieht uns weiter an die Küste von Kambodscha und wir freuen uns nach einer monatigen Salzwasser-Abstinenz wieder aufs Meer. Künstlich wurde die Adventszeit auch in Pnomh Penh hochgehalten. Aber es geht in dieser Zeit doch nichts über einen warmen Glühwein, Weihnachtskekse und ein Festessen. Vielleicht war der Gedanke daran für uns Beweggrund, uns vermehrt mit westlichem Essen zu verwöhnen. Wo wir die Festtage verbringen werden, wissen wir aktuell noch nicht. Die Hoffnung, dass wir die Zeit auf einer schönen Insel verbringen können, hat sich schon seit Wochen zerschlagen, da die erschwinglichen Hotels bereits zu diesem Zeitpunkt ausgebucht waren und nur noch einige Restposten für über 250$ die Nacht verfügbar war. Was, wenn wir Weihnachten für dieses Jahr einmal auslassen? Sie findet ja nächstes Jahr auch noch statt....Allen anderen wünschen wir an dieser Stelle aber ganz frohe und geruhsame Festtage. Geniesst es und lasst es Euch gut gehen.

es darf auch wieder mal was Westlches sein
es darf auch wieder mal was Westlches sein
Traveller's daily life
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